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Die Markteinführung der kleinen, handlichen Heimcomputer war einer der wichtigsten medialen Umbrüche in der Endphase des Kalten Krieges – und zwar nicht nur diesseits des Eisernen Vorhangs. Die Kleinrechner von Atari, Commodore oder Sinclair fanden über Schmuggelrouten, Privatimporte und Valuta-Läden ihren Weg in die Ostblock-Staaten. In der Tschechoslowakei etwa standen gegen Ende der 1980er Jahre über 150.000 westliche Heimcomputer, v.a. Exemplare des britischen ZX Spectrum, in Privathaushalten und Jugendclubs. Darauf wurde, wie im Westen auch, überwiegend gespielt – aber auch Spiele programmiert, teilweise mit hochsubversivem Inhalt. Der tschechische Medienhistoriker Jaroslav Švelch hat in seinem 2018 erschienenen Buch Gaming the Iron Curtain diese Form von digitalem Samizdat einer ersten ausführlichen Analyse unterzogen. Die Begleit-Website, http://ironcurtain.svelch.com/, bietet viele spannende Materialien zum Thema und lädt auch diejenigen zum Stöbern ein, die das Buch noch nicht gelesen haben. Dort finden sich nicht nur Texte Švelchs, die es nicht ins Buch geschafft haben, sondern auch eine grosse Menge historischer Quellen zum Thema: digitalisierte Computerperiodika und Fanzines, Fotos von tschechoslowakischen Usern und von ihnen gebastelten Peripheriegeräten, gescannte Spiele-Tauschlisten und handgeschrieber Programmiercode. Das zweifellose Highlight ist das ins Englische übersetzte oppositionelle Text-Adventure-Spiel „Indiana Jones auf dem Wenzelsplatz“ (1989), das direkt im Browser gespielt werden kann.
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